Mediale Kontrolle in Russland

Hallo zusammen,

Ich konnte heute leider wegen Krankheit nicht kommen, aber ich versuche im Folgenden den momentanen Stand meiner Überlegungen kurz zusammenzufassen.

Zunächst ging ich davon aus, eine Fallanalyse zum Anti-Propaganda-Gesetz, das vor ein paar Monaten in einigen Regionen von Russland in Kraft getreten ist und sich vor allen Dingen gegen die Rechte von Homosexuellen richtet, zu machen. Allerdings habe ich große Schwierigkeiten einen Korpus zur Analyse der Folgen dieser Zensur zu finden. Ich hoffte zuerst, dass ich über die Anzahl von Zeitungsartikeln, die sich mit Homosexualität befassen, einen brauchbaren Analyseparameter finden würde, aber selbst bei der sehr regierungskritischen Novaya Gazeta konnte ich über die Suche auf der Webseite keinen einzigen Artikel über Homosexualität finden.

Das Problem beim Finden eines Korpus zu diesem Thema ist, dass Russland mehrheitlich (über sechzig Prozent, nachgewiesen von einer in Europa anerkannten Forschungsinstitution, siehe: http://bd.fom.ru/report/map/dd062227 – mehr dazu in den Kommentaren) homophob ist. Deshalb habe ich gerade keine Ideen, wo ich einen Korpus finden könnte. Auch einige Emails an die Vereinigung für die Rechte von Homosexuellen und an zwei Universitäten in St. Petersburg (eine davon eine englischsprachige) blieben unbeantwortet.

Aber „zum Glück“ kommt die mediale Kontrolle in Russland gerade erst richtig in Fahrt. Ein neues Gesetz erlaubt der Regierung die komplette Überwachung aller Internetaktivitäten der Bürger und das Sperren von Websites, wenn diese eine „Gefahr“ darstellen. Die Einstufung als „Gefahr“ kann sich beispielsweise auf das Anti-Propaganda-Gesetz zum Schutz von Kindern gegen die Bewerbung von Homosexualität stützen.

Ich habe bisher vergeblich versucht die offizielle „Blacklist“ der gesperrten Internetseiten zu finden. Es wäre aber auch abwegig, wenn die Regierung selbst diese Blacklist veröffentlichen würde, weil dass die Aufmerksamkeit auf diese Seiten lenken würden. Im Moment habe ich die Idee, dass diese Blacklist einen brauchbaren Korpus darstellen könnte. Damit würde ich mich zwar von meiner ersten Idee abwenden, aber das Anti-Propaganda-Gesetz erscheint mir zu schwierig für eine Analyse von Deutschland aus.

Ich würde mich sehr über Kommentare freuen.

MFG, Albert Schilling.

4 thoughts on “Mediale Kontrolle in Russland

  1. ich finde dein Thema super interessant! Kannst du denn nicht vielleicht nach einem Forum für Schwule schauen? Oder meinst du das ist auch schon längst alles verboten? Es wäre natürlich super, wenn du irgendwie persönlichen Kontakt zu jemandem aufbauen könntest, der dir dann von eigenen Erfahrungen berichten würde und vielleicht ein paar Insidertipps für deine Recherche geben könnte. Ich versuche mal meine Cousine in Omsk und meinen Cousin in Moskau darüber auszufragen. Schliesslich sind die auch beide Studenten und haben (hoffentlich) den einen oder anderen schwulen Freund 😉
    Liebe Grüsse,
    Alina

    • Ja, das wäre großartig, wenn du mir da helfen könntest, Alina. Vielen Dank.
      Das Problem ist, dass ein Forum, das sich explizit um Homosexualität dreht, als Korpus nicht geeignet wäre.
      Vielleicht kennst du oder einer deiner Freunde einen liberalen Korpus wie eine Zeitung, die schon einmal über Homosexualität berichtet oder einen Fernsehsender, der Filme über Homosexualität zeigt oder dergleichen.

      Mich würde die Frage interessieren, ob diese homophoben Gesetze nicht das Gegenteil von der Absicht der Politiker bewirken, nämlich das Bewusstsein in der Bevölkerung für Homosexualität zu steigern und die Auseinandersetzung damit.
      Aber wegen dem Forum: Ich könnte in so einem Forum versuchen genau diese Fragen zu stellen. Wahrscheinlich hast du das auch gemeint. 😉

      Nochmals vielen Dank für deine Hilfe.
      Liebe Grüße, Albert.