Korpus – Online-Magazin Snob – Das Diskursvehikel Homosexualität nach dem Milonow-Gesetz und davor.

Die Lektüre des großartigen Werkes von Baer offenbarte, dass Homosexualität in Russland ein Vehikel für eine komplexes Netz von diskursiven Verflechtungen ist. In seinem assoziativen Feld werden Diskurse von der Krise der Männlichkeit, der Bedrohung durch das Andere (insbesondere durch den westlichen Einfluss), der „russischen Seele“ und der alternativen anti-sowjetischen Ästhetik verhandelt.

Mit dem Ende der Sowjetunion kommt der Demokratiediskurs hinzu. Im Online-Magazin Snob habe ich mit dem Begriff „Гомосексуализм“ (Homosexualismus) im Blogbereich nach Artikeln gesucht, die explizit über Homosexualität in Russland sprechen. Dabei bestätigte sich nach erster Lesung mein Verdacht, dass die regionalen Gesetze gegen die „Homosexuellen-Propaganda“, die Milonow-Gesetze, wie ich sie nenne, die Einbindung von Homosexualität in den Demokratiediskurs beschleunigen.

Während der Demokratiediskurs im Zusammenhang von Homosexualität im Analysezeitraum von Baer, beginnend in der Perestroika bis etwa dem Ende der ersten Regierungsära von Putin und sogar (meiner ersten Recherche folgend) bis etwa Ende 2011, also dem Beginn der Einführung der Milonow-Gesetze in acht Regionen Russlands, nur marginal vorhanden ist, wird Homosexualität nach der Einführung des Milonow-Gesetzes in St. Petersburg im März 2012 plötzlich im Rahmen von individueller Freiheit und Toleranz und Minderheitsrechten diskutiert – Begriffe, die zum Demokratiediskurs gehören.

Dieses erste Ergebnis lässt eine Diskursanalyse mit dem Fokus auf diesem Inhalt und mit dieser zeitlichen Unterscheidung fruchtbar und sinnvoll erscheinen. Allerdings wäre es sicherlich sinnvoll noch zumindest einen weiteren Korpus hinzuzunehmen. Die Artikel waren zwar auf Russisch geschrieben und snob.ru gehört zum russischen Unternehmer und Oppositionspolitiker Wladimir Prochorow, trotzdem ist es eine auch westlich bzw. global ausgerichtete Internetseite. Ein weiterer Korpus, der sich in erster Linie an Leser in Russland wendet, scheint sinnvoll.

Auch ist offensichtlich, dass ich den Begriff „Demokratiediskurs“ verwendet habe, ohne diesen zu präzisieren. In diese Richtung muss auch noch recherchiert werden.

http://www.snob.ru/

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